woodlands

woodlands I

Eines der Grundprinzipien der Permakultur nach David Holmgren stellt die Schärfung des Bewusstseins für Randzonen und die direkte Einarbeitung solcher Bereiche in Permakultur-Systeme dar. In der Natur sind damit Übergangsbereiche gemeint, beispiels- weise Waldränder und Uferzonen, welche besonders produktiv und gleichermaßen artenreich sind. Im Englischen bezeichnet der Begriff ‚woodland‘ eine Landschaft, in welcher Bäume und Sträucher vorkommen, aber in einer geringeren Dichte auf- treten, als es in einem eigentlichen Wald der Fall wäre. Woodland stellt somit einen groß angelegten natürlichen Übergangsbereich dar. Es dringt viel Licht bis zum Boden durch für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen bilden sich offene Habitate. Mit meiner fortwährenden Arbeit »woodlands« beschäftige ich mich mit verschiedenen Ausformungen solcher Randbereiche und offenen Systeme. Dabei betrachte ich natürlich entstandene Areale wie Auenlandschaften, aber auch von Menschen angelegte wie beispielsweise Streuobstwiesen – hierzulande eines der artenreichsten Ökosysteme überhaupt.

Pigmentprints auf Moab Entrada Rag Natural, 39 x 47 cm, Auflage 3 + 1 AP, 2024

scions

pomarium

Das Veredeln von Obstbäumen ist eine sehr alte Kulturleistung und bei einer Vielzahl von Obstarten die einzige Möglichkeit, Sorten über Generationen hinweg zu erhalten und weiterzugeben. Bei Äpfeln und Birnen funktioniert das Konzept der Samenbank beispielsweise nicht: Die entsprechende Sorte muss lebendig erhalten bleiben. Zu diesem Zweck wurde die Veredelungstechnik entwickelt, bei der vereinfacht gesagt ein Teil des Mutterbaumes auf eine fremde Wurzel transplantiert wird. Edelreis und Unterlage verwachsen miteinander und entwickeln sich zu einem neuen Baum. Ein gegenwärtig wachsender Baum der Sorte Gold- parmäne ist der Klon eines aus der Normandie stammenden Baumes aus dem Jahr 1510. Pomarium ist Teil eines fortwährenden Themenkomplexes, in welchem ich diesen Bereich zwischen Natur und Kultur visuell erkunde. Mit Begeis- terung betrachte ich die Geschicke menschlichen Handels. Gleichermaßen ergeben sich aber auch Fragen hinsichtlich der Unterwerfung der Natur durch den Menschen, ihre Anpassung durch Zucht und Selektion an menschliche Geschmäcker und Bedürfnisse.

Pigmentprints auf Canson Baryta Photographique, 18 x 26 cm, Auflage 8 + 1 AP, 2022

Cher soleil, chère terre,

Cher soleil, chère terre,

Während der Beschäftigung mit meiner Arbeit But then one day I asked the sun, begann ich farbige Erden und Gesteine zu sammeln und mit diesen im Kontext meiner fotografischen Praxis zu experimentieren. Ich stellte Pigmente und schließlich Öllasuren und Eitempera mit ihnen her und beschichtete erste Prints.
Zunächst waren es Fotografien der Fundorte, Landschaftsaufnahmen, Ortsbeschreibungen, welche ich als Motive für meine bildnerische Arbeit nutzte. Schließlich dokumentierte ich auch die Farbherstellung, Prozessabläufe und die Erde in den verschiedenen Zwischenstadien selbst.
Indem ich die Erde und Gesteine dann auch unmittelbar fotografierte, entwickelten sich Fraktale der Landschaft und eine Transformation des eigentlichen Materials zu einem Ort begann. Das Abbild der Erde wird mit sich selbst beschichtet, in seiner eigenen Farbigkeit wiedergegeben und gelangt schließlich auch materiell in das finale Werk.

work in progress

Pigmentprints auf Moab Entrada Rag Natural,
gefirnisst, 48 x 40 cm, Unikate

But then one day I asked the sun,

But then one day I asked the sun, ist inspiriert durch das Buch All I see is part of me von Chara M. Curtis. Im Austausch mit Mr Sun und Sister Star findet hier ein kleiner Junge sein inneres Licht und die Erkenntnis seiner Verbindung mit allem Leben und der gesamten ihn umgebenden Welt.<br/ Während eines Residenzstipendiums im Kunst- verein Röderhof begann ich mich in einer Art stream of consciousness – Fotografie mit meiner Umgebung zu beschäftigen und unternahm immer wieder Spaziergänge und Erkundungen. Alles was meine Aufmerksamkeit erhaschte wurde relevant: Ortsbeschreibungen im ganzen, aber auch Details wie Steine, Pflanzen und Erde selbst wurden Teil meiner Arbeit. Ich spielte mit Lichteffekten, Schatten, Spiegelungen und Reflexionen und begann das Große im Kleinen, das Außen im Innen und umgekehrt zu entdecken.

Pigmentprints auf Canson Baryta Photographique,
20 x 25 cm, Auflage 5 + 1 AP, 2016

Beyond Cold War

Beyond Cold War basiert auf einer Untersuchung der Konfrontationslinien während des Kalten Krieges in Europa – Grenzgebiete, in denen sich NATO und Warschauer Pakt bis 1989 direkt gegenüberstanden. Schlotters Hauptaugenmerk gilt dabei der Landschaft der Grenzregionen, die aufgrund der politischen und strategischen Relevanz der entsprechenden Gebiete während des Kalten Krieges eine gewisse Mystifizierung erfahren hat. Beide Seiten stellten die Frage nach der „Welt“ hinter der Grenze. Gleichzeitig waren ebendiese Gebiete Orte von Verboten, Schmuggel und Agentenaustausch, Flucht und Tötung. Auf einer Reise von Norwegen in die Türkei betrachtet Robert Schlotter die Orte und Landschaften als Schauplätze europäischer Geschichte, die gegenwärtiger denn je scheint. Man begibt sich unweigerlich auf die Suche nach ihren Spuren.

Serie von insgesamt 59 Bildern.

Archiv-Pigmentprints auf Canson Baryta Photographique, 39 x 47 cm, Auflage von 5 + 2 ap, signiert und nummeriert, 2014

Die Buchausgabe von Beyond Cold War erschien 2015 und enthält neben 59 Abbildungen auch Texte von Fabian Knierim und Andreas Montag.

Auszug aus dem Essay «Über Grenzen» von Fabian Knierim

„[…] Mit Erinnerungsorten hat man es auch in den Fotografien von Robert Schlotter zu tun. Die Prämissen des Projekts weisen die Landschaften als Schauplätze von Geschichte aus und unwillkürlich macht man sich auf die Suche nach deren Überbleibseln. Die Komposition der Bilder fordert dazu auf. Oft führt ein Weg oder eine Straße in die Tiefe des Bildraums und lädt die Betrachtenden ein, dem Verlauf zu folgen und sich entlang der Strecke nach Anhaltspunkten umzusehen und sich einen Reim darauf zu machen. Durchaus wird man fündig. So erhebt sich über den Holzhäusern einer skandinavischen Siedlung eine kuppelförmige Architektur, eine Abhörstation vielleicht. Am Rand eines Waldwegs meint man die Reste einer Panzersperre zu erkennen, in den Boden eingegrabene Betonteile lassen an Bunkerruinen denken. Selten aber sind die Indizien so eindeutig, dass man sich über ihre Bedeutung sicher wäre. Markieren die Reifenspuren, die in den Wald führen, den Weg einer Grenzpatrouille? Was hat es mit der Konstruktion auf der Garage mit dem gelben Tor auf sich? Ist der Stacheldrahtzaun auf einer Lichtung der Rest einer Grenzanlage oder bloß die Umfriedung eines Grundstücks? Für Letzteres erscheint er zu hochgerüstet, für Ersteres dagegen wirkt er fast läppisch. Soll das der Eiserne Vorhang sein? An der Stelle, an der sich über Jahrzehnte hinweg die Vertreter zweier Systeme misstrauisch beäugten, wird der Blick selbst paranoid. […]“

erschienen in: Beyond Cold War, Halle (Saale) 2014, ISBN 978-3-95462-411-9

Jürgen Kühner über «Beyond Cold War»

„[…] Er gibt den Rahmen vor, den der Leser ausfüllen muss, sei es durch eigene Recherchen, durch Vorstellungskraft oder durch Vorurteile oder schlichte Fantasie. Ebenso bleibt natürlich der Prozess der Transformation, weg von einer wie auch immer gearteten Grenze hin zu einem offenen Raum, dem Leser überlassen. Schlotters Fotografien entfalten ihre Wirkung erst auf den zweiten Blick. Erst durch den Kontext wandeln sie sich von generischen Landschaftsaufnahmen zu einer gesellschaftspolitischen Analyse mit der Schlussfolgerung, dass Grenzen überall und zu jeder Zeit verlaufen können, dass es keiner Strukturen bedarf, um Länder und Menschen zu trennen.“ – Übersetzung aus dem Englischen mit Google Translate https://www.framesandfascination.com/blog/photobook-review-robert-schlotter-beyond-cold-war

Memories and how to get them

Memories and how to get them

In Memories and how to get them beschäftige ich mich mit der Folge von wahrnehmen, empfinden und reflektieren. Es gibt nicht ‚eine’ Wirklichkeit. Durch die subjektive Betrachtung der Umwelt eines jeden von uns ergibt sich immer auch ein subjektives Abbild dieser. Ich will da anschließen wo sich die Bilder die als Repräsentation des Erlebten im Erinnerungsbewusstsein vorhanden sind mit solchen überlagern, die als Zeichen für ein physisches Bild (durch Apparat erzeugt) Einzug in das Gedächtnis gefunden haben. Die Betrachtung der Erinnerung bzw. des autobiographischen Gedächtnisses, welches schließlich die eigene Wirklichkeit darstellt, als ein Konstrukt vager, latenter Bilder. Als Ausgangsmaterial für meine Arbeit verwende ich gefundene Super8-Amateurfilme. Ich reproduziere Filmbilder aus der laufenden Projektion. Je nach Intensität der Filmbewegung und entsprechender Belichtungszeit ergeben sich Überlagerungen und Bewegungsunschärfen die den endgültigen Bildern, ebenso wie den Bildern im Erinnerungsbewusstsein, einen vagen, latenten Charakter verleihen. Mit einer freien assoziativen Zusammenstellung der Bilder folge ich dem Prinzip der konstruktiven Funktionsweise des Gedächtnisses und dessen Drang der Erzeugung eines kohärenten Bildes des Ganzen welches uns umgibt.

Serie von insgesamt 22 Bildern.

Auflage von 5 Motiven,
Handabzug, Silbergelatineabzug auf Barytpapier,
110 x 133 cm, kaschiert auf Alu-Dibond, Auflage von 1 + 1 AP, signiert und nummeriert, 2009

Auflage von 22 Motiven,
Archiv-Pigmentprints auf Hahnemühle Photo Rag Baryta,
75 x 100 cm, Auflage von 5 + 2 ap, signiert und nummeriert, 2010

Es ist auch eine etwas taschenfreundlichere Ausgabe von Memories and how to get them im Format 125 x 160 mm erhältlich.

From «I was here» by Michèle Walerich

Memories and how to get them wirft die Frage nach der latenten, fragmentarischen Natur der Fotografie auf. Einerseits führt ihr Wechsel zwischen Realität und Fiktion und umgekehrt zu einer quasi-unendlichen partizipativen Erzählung. Andererseits betont das Bewusstsein für die Vielfalt möglicher Darstellungsmöglichkeiten die Unmöglichkeit eines absoluten, wörtlichen Bildes und schärft unsere kritische Rezeption und die Art und Weise, wie wir mit Bildern umgehen. Dieses Thema ist noch relevanter, wenn die Fotografie als Mittel zur Reflexion über die Vergangenheit und zur kollektiven Erinnerung verwendet wird. Entgegen der landläufigen Meinung ist das Gedächtnis kein stabiles Reservoir, sondern wird durch den Akt der Erinnerung selbst geformt. Jede Veränderung der Weltanschauung bringt neue Mittel zu ihrer Konstruktion mit sich.“ – aus dem englischen mit Google Translate

erschienen in: Tourists & Nomads, Marburg 2012, ISBN 978-3-89445-464-7

Auszug aus dem Essay «Beyond Irony» von Daniel Neugebauer

„[…] Schlotter verspürt definitiv den Drang, einer süßlichen und oberflächlichen Melancholie der allgegenwärtigen Instagram-Bilder oder der Lana del Rey-Musikvideos mit ihrem vorgetäuschten Historizismus zu entgehen. Er schafft Hyperbilder als Gegenentwurf zur hyperrealistischen Ästhetik. Sie sind erfolgreich, weil sie Verantwortung für das Dargestellte übernehmen. Sie feiern nicht die Auflösung der Unterscheidung zwischen dem, was wahr ist und dem, was nicht wahr ist. Stattdessen zeigen sie den Mechanismus unseres Gedächtnisses als Quelle der Bildproduktion. […]“ – aus dem englischen mit Google Translate

erschienen in: The Space Beyond, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-9812239-4-1

Auszug aus dem Essay «The Space Beyond» von Katharina Bosse

„[…] Die Ankündigung von etwas, das bald zu Ende geht, ist es, was meinen Blick in Robert Schlotters Bildern fesselt. Die Langzeitbelichtungen altmodischer Amateurfilme fragmentieren die Zeit auf andere Weise als Cartier-Bressons Reflex-Action-Aufnahmen. Schlotters Fotografien erscheinen wie passive Aufbewahrungsorte, in denen das bewegte Bild gefangen ist. Filme gerinnen zu Fotografien und verlieren ihre zeitliche Dimension; was auf der Oberfläche zurückbleibt, ist das Licht der Projektionslampe, eingefasst von einem dunklen Rahmen. Die Bilder in Memories and How to Get Them, mit ihrer unheimlichen Qualität eines geisterhaften Roadtrips, lassen mich an das Vergehen der Zeit denken, an den Tod von Roland Barthes. […]“ – aus dem englischen mit Google Translate

erschienen in: The Space Beyond, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-9812239-4-1

Kroatische Adria Hotels

Kroatische Adria Hotels

Während des Kroatien-Krieges waren vor allem Dubrovnik und das Umland der Stadt von heftigen Kriegshandlungen betroffen. Die Schlacht um Dubrovnik begann im Oktober 1991 und dauerte neun Monate an. Ziele der Angriffe durch die Jugoslawische Volksarmee waren dabei meist zivile, da sich kaum militärische Anlagen in der Region befanden. Da die Region um Dubrovnik im Wesentlichen vom Tourismus lebt, war die Zerstörung vieler Hotels und touristischer Anlagen in und um Dubrovnik ein herber wirtschaftlicher Schlag.
Der Tourismus im kroatischen Süden wurde wieder belebt, viele der Hotels liegen allerdings immer noch brach und warten auf Instandsetzung oder Abriss. Im Jahr 2008 fotografierte ich diese brachliegenden Hotels, an welchen man auch noch zwanzig Jahre nach Beginn des Kroatien-Krieges die Spuren der Zerstörung sehen konnte.

Archiv-Pigmentprints auf Canson Baryta Photographique,
39 x 47 cm, Auflage von 5 + 2 AP, signiert und nummeriert

Halle-Silberhöhe

Halle-Silberhöhe

Zwischen 1979 und 1989 wurde im Süden der Stadt Halle (Saale) der neue Stadtteil Halle-Silberhöhe in Plattenbauweise errichtet. Auf einem Areal von rund 200ha wurden ca. 15.000 Wohnungen für etwa 39.000 Menschen erbaut. Notwendig geworden war diese städtebauliche Maßnahme unter anderem durch einen zusätzlichen Arbeitskräftebedarf in den naheliegenden chemischen Kombinaten Buna und Leuna. Halle-Silberhöhe wurde nicht im Sinne einer sozialistischen Idealstadt erbaut, sondern folgte einzig dem Ziel der Wohnraumschaffung.
Bis 1989 bestand ein hohes Maß an sozialer Durchmischung in Halle- Silberhöhe. Nach 1989 kam es zu starken Veränderungen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt. Arbeitslosigkeit, soziale Entmischung und Leerstand waren zu beobachten und vor allem junge Menschen verließen die Silberhöhe. Seit Mitte der neunziger Jahre verlor Halle Silberhöhe mehr als die Hälfte seiner Einwohner und bis 2004 stieg das Durchschnittsalter um zehn Jahre. Aufgrund der drastischen Leerstandszahlen wird Halle Silberhöhe nun teils punktuell, teils flächig zurück gebaut, die entstehenden Brachen sollen weitestgehend aufgeforstet werden.

Die Buchausgabe von Halle-Silberhöhe erschien 2009.