Sven Lindhorst-Emme — Raum für drastische Maßnahmen, Berlin

Stand der Dinge

18. – 26. Februar 2017
Raum für drastische Maßnahmen Berlin

Sammlung Lindhorst-Emme — „Eine »Sammlung« – dieses Wort trägt etwas Wertschätzendes und Wertendes in sich. Es wird ja nur gesammelt, was gefällt, erfüllt und auf eine eigene Art glücklich macht.

In meinem Falle treffen alle drei Faktoren zu. Alle meine bisher gesammelten Werke verbinde ich mit Geschichten, Emotionen und vor allem dem Gefühl, diese schönen Objekte besitzen zu wollen um mein Umfeld und meinen Alltag damit zu gestalten und Sie mir jeder Zeit anschauen zu können.

Die Logiken des Sammelns gehen mit dem Erwerb und letztendlich auch Besitz begehrlicher Dinge einher. Dabei ist es für die Sammelnden unerheblich, ob die Sammlung durch Kauf oder nichtkommerzielles Zusammentragen aufgebaut und erweitert wird. Ausschlaggebend sind die emotionalen und rationalen Verbindungen zu den Dingen, die Gründe des In-Besitznehmens. Sei es durch Linien des Erinnerns, der Nostalgie, der Freude oder auch der Wertsteigerung.
Ein Großteil der Arbeiten, die hier gezeigt werden, ist aus einem Tauschgeschäft hervorgegangen. Als Grafikdesigner habe ich das Glück, sehr häufig mit FotografInnen und KünstlerInnen zusammenarbeiten zu dürfen und gelegentlich kommt es dazu, dass meine Gestaltungsarbeiten, zumeist in Buchform, nicht ausschließlich in Geldwerten, sondern in Teilen mit einem Werk honoriert werden. Ein geringerer Teil der Arbeiten wurde aber auch klassisch angekauft. Auf diese Weise sind mittlerweile 27 Fotografien, 4 Prints, 2 Gemälde, 4 Zeichnungen und eine Skulptur zusammen gekommen, die in dieser Ausstellung den Weg aus meinen vier Wänden, in die Öffentlichkeit finden.

Der Ausstellungstitel »Stand der Dinge« bezeichnet das Gezeigte in einem Ist-Stand der bisherigen gesammelten »Dinge«. Neben den Werken der KünstlerInnen werden zudem auch teilweise die entstandenen Bücher aus den »Tauschgeschäften« zu sehen sein.“

Mit Arbeiten von Sina Heffner, Karsten Kronas, Johanna Saxen, Maria Sturm, Sara-Lena Maierhofer, Ana Baumgart & Ina Schoof, Anne-Sophie Stolz, Renke Brandt, Frank Eickhoff, Anthony Burill, Lotte Reimann, Michael Klaus, Yana Wernicke, Alexandra Polina, Sabine Schründer, Kathrin Tschirner, Robert Schlotter, Heinrich Holtgreve, NCL, Thomas Prochnow, Michael Kruscha, Chrisse Kunst, Carolin Bollig, Benedikt Luft, Joanna Buchowska, Andrea Grützner, Jewgeni Roppel, Helen Marie Hecker, Clemens Fantur, Daniel Gebhart de Koekkoek, Leon Reindl, Meller Ehlert

Kuratiert von Ana Baumgart & Carolin Bollig

Vernissage am 18.02.2017 ab 20 Uhr
Öffnungszeiten: Do. bis So. 17 bis 20 Uhr

Raum für drastische Maßnahmen e. V.
Oderstr. 34
10247 Berlin

www.rpunkt.org
www.lindhorst-emme.de

 

Beyond Cold War

Beyond Cold War basiert auf einer Betrachtung der Konfrontationslinien des Kalten Krieges in Europa – Grenzgebiete in welchen sich NATO und Warschauer Pakt unmittelbar gegenüber sahen. Mein Hauptaugenmerk liegt auf der Landschaft der Grenzregionen, welche durch die politische und strategische Relevanz der entsprechenden Gebiete im Kalten Krieg eine gewisse Mystifizierung erfahren hat. Von beiden Seiten aus stellte sich die Frage nach der ‚Welt’ hinter der Grenze.“ Gleichermaßen waren ebendiese Gebiete Orte des Verbots, des Schmuggels und Agentenaustauschs, der Flucht und Tötung. Auf einer Reise von Norwegen bis in die Türkei betrachte ich die Orte und Landschaften als Schauplätze europäischer Geschichte, die gegenwärtiger denn je scheint. Unwillkürlich begibt man sich auf die Suche nach deren Spuren.

Auszug aus dem Essay «Über Grenzen» von Fabian Knierim

„[…] Mit Erinnerungsorten hat man es auch in den Fotografien von Robert Schlotter zu tun. Die Prämissen des Projekts weisen die Landschaften als Schauplätze von Geschichte aus und unwillkürlich macht man sich auf die Suche nach deren Überbleibseln. Die Komposition der Bilder fordert dazu auf. Oft führt ein Weg oder eine Straße in die Tiefe des Bildraums und lädt die Betrachtenden ein, dem Verlauf zu folgen und sich entlang der Strecke nach Anhaltspunkten umzusehen und sich einen Reim darauf zu machen. Durchaus wird man fündig. So erhebt sich über den Holzhäusern einer skandinavischen Siedlung eine kuppelförmige Architektur, eine Abhörstation vielleicht. Am Rand eines Waldwegs meint man die Reste einer Panzersperre zu erkennen, in den Boden eingegrabene Betonteile lassen an Bunkerruinen denken. Selten aber sind die Indizien so eindeutig, dass man sich über ihre Bedeutung sicher wäre. Markieren die Reifenspuren, die in den Wald führen, den Weg einer Grenzpatrouille? Was hat es mit der Konstruktion auf der Garage mit dem gelben Tor auf sich? Ist der Stacheldrahtzaun auf einer Lichtung der Rest einer Grenzanlage oder bloß die Umfriedung eines Grundstücks? Für Letzteres erscheint er zu hochgerüstet, für Ersteres dagegen wirkt er fast läppisch. Soll das der Eiserne Vorhang sein? An der Stelle, an der sich über Jahrzehnte hinweg die Vertreter zweier Systeme misstrauisch beäugten, wird der Blick selbst paranoid. […]“

erschienen in: Beyond Cold War, Halle (Saale) 2014, ISBN 978-3-95462-411-9

Jürgen Kühner on «Beyond Cold War»

„[…] Er gibt den Rahmen vor, den der Leser ausfüllen muss, dies kann durch eigene Recherche, durch Vorstellungskraft oder durch Vorurteile oder schlichte Fantasie geschehen. Ebenso bleibt natürlich der Prozess der Transformation, weg von einer Grenze jeglicher Art hin zu einem offenen Raum, dem Leser überlassen. Schlotters Fotografien entfalten ihre Wirkung erst auf den zweiten Blick. Erst durch den Kontext wandeln sie sich von generischen Landschaftsaufnahmen zu einer gesellschaftspolitischen Analyse mit der Schlussfolgerung, dass Grenzen überall und zu jeder Zeit verlaufen können und es keiner Strukturen bedarf, um Länder und Menschen zu trennen.“

https://www.framesandfascination.com/blog/photobook-review-robert-schlotter-beyond-cold-war